Tagesfahrt Kloster Neuzelle 2022

 

Endlich nach zwei Jahren war es uns vergönnt wieder eine Vereinsfahrt durchzuführen. Die meiste Enttäuschung erlebten Lothar und Jürgen. Sie hatten sich in der zurückliegenden Zeit viel Arbeit gemacht, geplant und wieder verworfen. Im Januar haben dann beide, die Planung einer Tagesfahrt zum Kloster Neuzelle im Mai beschlossen und im Detail geplant. Das Ergebnis – also Programm - wurde dann im März im „Grünen Blatt“ veröffentlicht. Schnell waren alle Plätze vergeben.
 
Pünktlich am 05.05. setzte sich der vor dem Vereinsheim wartende Bus mit 49 Personen an Bord in Bewegung. Erstes Ziel war die Klosterbrauerei Neuzelle in einem altehrwürdigen Gemäuer mit einer anschließenden Bierverkostung. Nach der Besichtigung konnte sich jeder, der Geschmack an dem köstlichen Getränk gefunden hatte, noch für den Heimweg entsprechend eindecken. Zum Mittagessen besuchten wir das benachbarte Restaurant "Klosterstube". Gestärkt fanden sich alle zu einer fast zweistündigen Führung durch Klosterkirche und -garten ein. Nach der sehr informativen Führung gab es in der Klosterstube noch Kaffee und Kuchen. Das Wetter hat während der Fahrt und auch des Aufenthalts in Neuzelle gut mitgespielt, so dass die erste Vereinsfahrt nach den Corona-Einschränkungen durchaus als Gelungen bezeichnet werden kann. Die Stimmung jedenfalls war sehr gut.

Viele kleine Fachwerkhäuser und sogar noch die ersten kleinen Plattenhäuser, die mit bunten Fensterläden versehen waren, bezeugen die Bautätigkeit noch aus der  Zeit der DDR. Die Stadt umgab einen besonderer Reiz.

Das Kloster Neuzelle ist im Norden und Osten Deutschlands einzigartig. Ursprünglich war es ein gotisches Gebäude, das im 17. und 18. Jahrhundert barock überformt wurde. Dabei erhielt die Stiftskirche eine prunkvolle Innenausstattung. Italienische und böhmische Künstler haben hier ihre Handschrift hinterlassen und ein künstlerisches Gesamtkunstwerk geschaffen, das mit allen Komponenten des süddeutschen Barocks ausgestattet wurde. Mit ihrer theologischen, ikonographischen Ausprägung zählt es zu einer der bedeutendsten Sakralbauten Mitteleuropas. Heute wird es als "Barockwunder Brandenburgs" bezeichnet.

Das Kloster wurde 1268 von Markgraf "Heinrich dem Erlauchten" aus dem Hause Wettin im Gedenken an seine erst gerade verstorbenen Frau Agnes gestiftet. Aber erst Ende des 13. Jahrhunderts wurde auf einem in der Oderniederung herausragenden Bergsporn, dessen Spitze abgetragen wurde, die Klosterkirche in Form einer gotischen, dreischiffigen Hallenkirche errichtet. Im Rahmen einer Ausgründung des Mutterklosters Altzella nahmen die Zisterzienser das Kloster in Besitz, und errichteten in über 30 Dörfern in der Niederlausitz und einigen in der Mark Brandenburg gelegenen, eine umfangreiche Grundherrschaft mit Einnahmen und Frondiensten. Der Ort erhielt den Namen Neuzelle (Nova Cella). In 1429 fielen während der Hussitenkriege Heeresgruppen aus Böhmen ein und zerstörten neben der Stadt Guben auch das Kloster Neuzelle. Der Wiederaufbau erfolgte zwischen 1432 und 1469. Dabei wurden Reste der gotischen Anlage vereinzelt erhalten, vor allem im Innenbereich. Im Laufe der Jahre erfuhr das Kloster erhebliche Veränderungen. Nicht nur die eigentliche Klosterkirche wurde in vielen Teilen verändert. 1730 - 1740 baute man eine zweite Kirche auf dem Klostergelände. Da aber nach damaligen Recht eine zweite Kirche in mindestens 1000 Meter Entfernung (nach heutigen Maßen) errichtet werden durfte, griff man zu einem Trick. Die zweite Kirche, Pfarrkirche "Zum Heiligen Kreuz", steht genau auf der Grenze der Klosteranlage und wurde 1741 als "Leutekirche" geweiht. Die Stiftskirche war den Mönchen vorbehalten.

Vom Anfang des 18. Jahrhunderts bis 1741 erfuhr die Klosterkirche gewaltige Veränderungen. Das Äußere wurde bis auf die Nordwand verputzt und die Strebepfeiler in zugkräftigen Wandvorlagen mit Kapitellen umgewandelt. Darüber wurde ein hohes verkröpftes Wandgesims angeordnet. Im Westen wurde eine Vorhalle mit konvex geschwungener Fassade und einem prunkvollem Portal hinzugefügt. Darüber entstand ein Uhrenturm. Der vorhandene Glockenturm der gotischen Kirche wurde zwischen 1720 und 1730 erhöht und mit einer geschweiften Haube versehen. Nach Osten wurde ein halbkreisförmig geschlossener Chor mit Dachreitern angebaut. An der Chornordseite entstand 1725 ein Sakristeianbau mit Spiegelgewölben. Die sechseckige JosephsKapelle an der Südseite des Langhauses entstand um 1730/40.

Auch der Innebereich der Klosterkirche erfuhr eine glanzvolle Ausstattung. Der prachtvolle Hochaltar, in Stuckmarmor erbaut, geht auf Johann Wilhelm Hennevogel zurück. Er zeigt einen figurenreichen Aufbau mit einer Emmaus-Gruppe am Tabernakel. Das Altarbild stellt die Himmelfahrt Mariae dar und stammt aus der Zeit um 1740. Im Innenbereich der Stiftkirche gibt es elf weitere Altäre, die um 1730/1740 in Holz und Stuckmarmor errichtet wurden. Im Mittelaltar ist eine spätgotische Schnitzfigur einer Madonna aus dem 15. Jahrhundert hinzugekommen. Der wertvolle Taufaltar aus vergoldetem Holz wurde 1730 geschaffen. In der Josephskapelle befindet sich ein Altar mit dem Gemälde der Heiligen Familie. Ein besonderer Augenschmaus ist die reich geschnitzte Kanzlei mit figürlichem und ornamentalem Schmuck. Die Taufe entstand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus Marmor und besitzt einen hölzernen Deckel. Neben vielen weiteren Exponaten sollte die Sauerorgel, mit ihren 24 Registern auf zwei Manualen und Pedalen nicht unerwähnt bleiben. Zwischen 1999 und 2001 wurde die Orgel umfassend restauriert. Dabei wurden die 1954 neobarocken Änderungen der Fa. Sauer rückgängig gemacht. Das Kloster wurde in seiner 750-jährigen Geschichte unterschiedlich genutzt. Als Folge des Wiener Kongresses kam die sächsische Niederlausitz zu Preußen, und Friedrich Wilhelm III säkularisierte das Kloster, was zur Folge hatte, dass die Mönche das Kloster verließen. Klostergebäude und Grundbesitz fielen der staatlichen Stiftung Neuzelle zu. Die Stiftskirche blieb katholisch und wurde ab 1947 Wallfahrtskirche für die Gläubigen im deutschen Restteil des Erzbistums Breslau, die von den traditionellen Wallfahrtsorten Schlesiens abgeschnitten waren. Seither finden in jedem Jahr am Dreifaltigkeitssonntag Wallfahrten Jungendlicher statt. Im 19. Jahrhundert waren im Klosterbereich ein Waisenhaus und ein Lehrerseminar untergebracht. Letzteres residierte dort bis 1922. Die Nationalsoziallisten unterhielten in den Nebengebäuden von 1934 bis 1945 eine Aufbauschule für Mädchen im Rahmen der Nationalpolitischen Erziehung, und in einem weiteren Nebengebäude eine Eliteschule zur Heranbildung von "Führernachwuchs". Zu DDR-Zeiten wurde im Kanzleigebäude wieder ein Priesterseminar untergebracht. 1955 wurde das Stift Neuzelle verstaatlicht und diente bis 1985 wieder der Lehrerbildung. Seit 1993 wurde die gesamte Klosteranlage, Gebäude, Garten und Weinberg saniert. Klostergarten und Orangerie wurden nach aufwendiger Rekonstruktion 2004 wiedereröffnet. Im November 2016 beschloss der Konvent der Zisterzienser das Kloster Neuzelle zur 750-Jahrfeier wieder mit acht Mönchen zu besetzen.

Text Dieter Rentz und Fotos Ursel Kahmann